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Zukunftsfähig und verantwortungsvoll Bauen

Zukunftsfähig und verantwortungsvoll Bauen, Aktivitäten der Initiative Sonnenhaus Österreich:

Österreich wird bis 2040 klimaneutral. Der nationale Energie- und Klimaplan sieht für die Periode 2021 bis 2030 eine Reduktion der CO2 Emissionen um 36% gegenüber 2005 sowie eine Anhebung des Anteils erneuerbarer Energie am Brutto-Endenergieverbrauch auf 46-50 % vor.

Wohngebäude spielen in diesem grundlegenden Umbau eine zentrale Rolle. Die Errichtung und der Betrieb von Gebäuden sind wesentliche Verbraucher von Energie-, Flächen und Materialressourcen. Und Gebäude sind langlebig. Jede Baumaßnahme muss daher bereits heute 2040-tauglich sein: Eine ganzheitliche Betrachtung der Auswirkungen von Gebäuden, von der Produktion der Baustoffe bis hin zur Baumassenentsorgung am Ende des Lebenszyklus inklusive korrekter Bilanzierung ist unumgänglich.

Zusätzlich endete die Übergangsfrist der EU-Gebäuderichtlinie zum Jahreswechsel, ab 01.01.2021 werden daher in Österreich nur noch Niedrigstenergiegebäude gebaut, die heimische Ausgestaltung des Nearly Zero Energy Building.

Aktuell stehen auch mehrgeschossige Gebäude und Siedlungen im Fokus der Weiterentwicklung der Initiative Sonnenhaus. Der erste Schritt, die wissenschaftliche Entwicklung von Kriterien für gesunde, ökologische, soziale, wirtschaftliche und somit umfassend zukunftstaugliche Baulösungen wird demnächst abgeschlossen. In 3 Fragen an Heinz Hackl, verantwortlich für Public Affairs bei VELUX Österreich GmbH und DI Alfred Pichsenmeister, Verkaufsleiter für Erneuerbare Energien bei Siblik Elektrik GesmbH & Co KG wird die Kooperation bei Bau und Haustechnik in der Initiative Sonnenhaus von unterschiedlichen Seiten beleuchtet:

 

1. Wo liegen Ihre derzeitigen Schwerpunkte:

Heinz Hackl:
VELUX ist ein globales Unternehmen, das auf der Vision von Tageslicht, frischer Luft und Lebensqualität gegründet wurde - 3 Merkmale, die das Leben in Millionen von Häusern und Wohnungen auf der ganzen Welt vervollkommnen, entwickelt. Als weltweit größter Hersteller von Dachfenstern steht VELUX heute für Licht, Luft und Ausblick im Dachgeschoß und schafft so ein besseres Wohnklima und mehr Lebensqualität unterm Dach.

Die VELUX Gruppe will „lebenslang klimaneutral“ werden und bindet rückwirkend ihre historischen CO2-Emissionen in Partnerschaft mit dem WWF.

VELUX ist mit dem Sunlighthouse bereits 2008 angetreten, um Energieeffizienz neu zu definieren. Beim Forschungsprojekt Sunlighthouse wurden sämtliche Verbräuche berücksichtigt (also auch den Energiebedarf für Warmwasser, den Haushaltsstrom und die Beleuchtung und nicht nur den Heizwärmebedarf). Es sollte das erste CO2-neutrale Wohngebäude Österreichs werden. Damals erhob sich die Frage, ob das mit den zur Verfügung stehenden Produkten und Technologien überhaupt schon möglich sei.  Klares Hauptaugenmerk wurde auf die Verbindung von Energieeffizienz mit bestmöglichen gesundheitlichen Bedingungen zum Wohnen gelegt: Hervorragende Raumluftqualität, optimale Tageslichtversorgung und schadstofffreie, möglichst naturnahe Materialien.  Das Projekt wurde wissenschaftlich von der Donau-Uni Krems und dem IBO begleitet.

Die Erkenntnisse nach mittlerweile mehr als 10 Jahren: Es war bereits vor mehr als 10 Jahren möglich, CO2-neutral zu bauen. Es ist auch möglich, energieeffiziente Gebäude mit guter Tageslichtversorgung umzusetzen  - und das nicht nur südseitig. Gute Tageslichtversorgung darf kein Widerspruch zur Sommertauglichkeit sein. Hier ist ein Konzept aus effizienter Beschattung und gezielter, automatisierter Nachtkühlung ein probates Mittel. Ein wesentliches Learning war somit, dass die Architektur letztendlich starke Auswirkungen auf das Gebäude hat. Ein intelligent an die Gegebenheiten des Grundstückes angepasstes Gebäude kommt dann auch mit  „schlanker“ Haustechnik aus – ohne jedweden Komfortverlust. Architektur hat also deutlich mehr Bedeutung als gutes Design und Funktionalität.

Alfred Pichsenmeister:
Seit der Unternehmensgründung im Jahre 1938 hat sich einiges getan, wir haben uns entwickelt und sind gewachsen. In der Zwischenzeit sind wir österreichweit tätig, unsere Zentrale befindet sich in Wien, Vertriebsniederlassungen befinden sich in Graz, Vöcklabruck und Innsbruck. Die Nähe zu unseren Kunden ist uns wichtig, unsere 150 MitarbeiterInnen sind täglich darum bemüht.

Wir besitzen von nahezu all unseren Lieferanten Exklusivverträge für Österreich und übernehmen somit die Aufgaben der Hersteller die in Österreich kein eigenes Vertriebsnetz aufgebaut haben oder dies planen

Durch die Konzentration in den unterschiedlichen Clustern Gebäudetechnik, Industrie, Licht und Installationen, Erneuerbare Energien, Kommunikation/Sprechanlagen und Smart Home besitzen wir eine hohe techn. Kompetenz die für den erforderlichen Know how - Transfer an unsere Kunden erforderlich ist.

Solartechnik ist uns sehr wichtig. Allerdings hat die Photovoltaik in den letzten Jahren die Solarthermie – zumindest bei Kleinanlagen – weitgehend verdrängt. Dafür gibt es mehrere Gründe. Die ökonomische Lernrate der Photovoltaik ist vermutlich einer der Hauptgründe, aus technischer Sicht muss man aber auch ins Rennen bringen, dass jeder Sonnenstrahl und somit jede erzeugte kWh einen Abnehmer findet. Sei es das eigene Gebäude (Haushaltsstrom), die Wärmepumpe, das E-Auto, der elektrochemische Speicher oder zu guter Letzt der Energieversorger (Netz). Da ist die Solarthermie klar im Nachteil, wenn der Speicher voll ist kann mit den zusätzlichen solaren Einträgen keine Verwendung mehr gefunden werden.

 

2. Die Initiative Sonnenhaus Österreich, als offenes Kompetenznetzwerk für Bauen und Energie, arbeitet daran, das umfangreiche Wissen aus verschiedensten Quellen betreffend Nachhaltigkeit im Baubereich aufzubereiten. Wir wollen zukünftig durch Wissensaustausch, zur Verfügungstellung von Werkzeugen und Begleitung von Projekten im mehrgeschossigen Wohnbau die Lücke zwischen Zielqualitäten am Papier und realer Projektumsetzung, zwischen Theorie und Praxis überwinden.
Wie können wir unsere gemeinsamen Ziele besser kommunizieren?

Heinz Hackl:
Die Entwicklung geht schon in die richtige Richtung. Jetzt gilt es, vor allem die Themenfelder Energieeffizienz und Gesundheit und Komfort – aber nicht isoliert – sondern in deren Gesamtheit noch konsequenter umzusetzen. Auch oder gerade bei den zahlreichen Sanierungsprojekten, die in Österreich anstehen. Die Kommunikation lässt sich meiner Meinung nach am besten durch vorbildliche Gebäude realisieren. Sogenannte „best practice“ Beispielen wirken inspirierend und die gesamte Branche kann daraus lernen. 

Alfred Pichsenmeister:
Die unzähligen Gebäudekonzepte NZEB, Plusenergiehaus, SmartHome, Smart Living - oder wie auch immer diese überstrapazierten Begriffe benannt werden, haben doch eines gemeinsam: Die eingeforderten Komfortbedürfnisse der zukünftigen Bewohner zu erfüllen und mit den vorhandenen Ressourcen sorgsam umzugehen.

Die Technik der zukünftigen Häuser soll sich aus mehreren Bausteinen zusammensetzen: Solarthermie, Photovoltaik, Wärmepumpe, Wohnraumlüftung und diverse Smart Home Anwendungen. Letztendlich entscheidet der „Investor“ was er sich leisten kann/möchte.

 

3. Eine Zielsetzung der Initiative Sonnenhaus ist es aufzuzeigen, dass die unterschiedlichen Baustoffe sich bei den Treibhausgasemissionen durch Herstellung und Austausch im Lebenszyklus kaum unterscheiden. Die Betriebsphase der Gebäude ist entscheidend, sowohl bei den CO2 Emissionen, als auch bei den Kosten. Wohin geht Ihrer Meinung nach die Entwicklung?

Heinz Hackl:
Beim Sunlight House war es mit den Produkten und Technologien im Jahr 2010 schon möglich CO2-neutral zu bauen. Erst recht 2021.

Wir haben gelernt, dass die Planung – also der Entwurf – noch viel mehr Bedeutung hat als gemeinhin angenommen. Auf den Punkt gebracht lassen sich mit guter Planung mit den unterschiedlichsten Baustoffen vorbildliche Ergebnisse erzielen. Vorbildlich, in dem sie Energieeffizienz und Gesundheit/Komfort gleichermaßen berücksichtigen.

Der sommerliche Wärmeschutz – offensichtlich durch den rasant fortschreitenden Klimawandel beschleunigt – findet immer mehr Beachtung in der Planung. Beschattung gilt heute als „must-have“. Vielfach ließe sich der Energiebedarf für technische Kühlung durch geschickte passive Kühlmaßnahmen (Doppelstrategie Beschattung + gezielte Nachtlüftung) vollständig vermeiden. Ventilative Cooling, also die unter Tags erwärmten Bauteile in den Nachtstunden wieder auf natürliche Weise zu kühlen, hat sich in zahlreichen Projekten als effektive Maßnahme erwiesen und hat noch großes Potential in der breiten Anwendung.

Erfreulich ist auch zu beobachten, dass die gesundheitlichen Aspekte wie Tageslichtversorgung, Raumluftqualität und Vermeidung von Schadstoffen nicht mehr als „Orchideenthemen“ wahrgenommen, sondern vermehrt als Selbstverständlichkeit in die Planungen einfließen.

Der ökologische Ansatz, besonders die Betrachtung der Kreislaufwirtschaft, hat, abgesehen von wenigen Leuchtturmprojekten aber noch großes Potential.

Alfred Pichsenmeister:
Heizen mussten wir schon immer, Brauchwasser benötigten wir auch schon immer, Kühlen werden wir in Zukunft öfter müssen. Und das nicht nur weil der Klimawandel voll im Gange ist, sondern auch, weil sich unsere Komfortbedürfnisse geändert haben (klimatisiertes Büro, Klimaanlage im Auto….). Die Wärmepumpe – egal ob Erde, Luft oder Wasser – kann das alles und dies wird auch – zusätzlich zur energetischen Komponente - mehrheitlich der Grund dafür sein warum sie vermehrt zum Einsatz gelangt. Dass die Wärmepumpe bei der Sektorkopplung unterstützend eingreifen kann (Übernahme der PV-Überschussenergie zur Temperaturanhebung bzw. thermische Speicherung) sei nur der Ordnung halber erwähnt.

Ein Haus ohne Beschattungsregelung ist - ganz pragmatisch betrachtet - keine vernünftige Lösung. Bei der Beschattungsregelung geht es in erster Linie darum, dass solare Einträge zugelassen oder verhindert werden. Dies ist vor allem von Bedeutung, wenn sich keine Bewohner im Haus befinden, da müssen automatische Abläufe das beste (Temperatur)Szenario für das Gebäude herstellen. Automatische Abläufe – im konkreten Fall die Beschattung – sollten aber tunlichst vermieden werden wenn sich Bewohner im Haus befinden (unendliche Pilot – Passagier – Diskussion). In Wahrheit betrachtet ist das schon ein wenig SMART, womit wir mitten in der Diskussion vom Smart Home sind. Wenn wir das SmartHome fernab von vielleicht verzichtbaren oder unverzichtbaren „Spielereien“ sehen - die uns Marketingspezialisten versuchen zu vermitteln - sondern als notwendiges Verbindungselement für ein funktionierendes Sonnenhaus erkennen, dann kommen wir der Sache schon deutlich näher. SmartHome bedeutet für uns die Vernetzung der unterschiedlichen Gewerke um die Komfortbedürfnisse der Bewohner sicher zu stellen, mit Energie sorgsam umzugehen und für viele Eventualitäten gerüstet zu sein.

 

Das gemeinsame Ziel der Partner die Initiative Sonnenhaus ist es, die Lücke zwischen Zielqualitäten und realer Projektumsetzung, zwischen Theorie und Praxis zu überwinden. Denn letztlich wird auch die Wirtschaftlichkeit und Leistbarkeit eine wesentliche Rolle spielen, was sich bei den in Vorbereitung befindlichen Projekten bereits zeigt.